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NABU-Hintergrund: Fledermäuse

Grossabendsegler im Spaltenkasten...
Grossabendsegler im Spaltenkasten...

Weltweit gibt es weit über 900 Fledermausarten. Abendsegler, Breitflügelfledermaus, Zwergfledermaus und Wasserfledermaus sind die häufigsten Vertreter der 24 in Deutschland heimischen Arten und kommen auch in Rastede vor. Seit über 50 Millionen Jahren existieren Fledermäuse auf dem europäischen Kontinent - in Deutschland brachten sie die 50 Jahre der Nachkriegszeit allerdings an den Rand der Ausrottung. Nahrungsmangel, zum Beispiel durch den Einsatz von Insektiziden oder der Verlust an landschaftlicher Vielfalt, Quartierverlust und -mangel sind die wichtigsten Ursachen für einen dramatischen Rückgang der Fledermauspopulationen in Deutschland.

Fledermäuse sind von Frühjahr bis Herbst aktiv. Im Flug beobachten lassen sie sich nach Einbruch der Dämmerung, denn sie fliegen nachts. Tagsüber suchen sie an ungestörten Orten Unterschlupf. Waldfledermäuse bevorzugen zum Beispiel verlassene Spechthöhlen oder den Spalt hinter loser Rinde. In Gebäuden nutzen sie zum Beispiel Dachböden, Mauerspalten oder andere Hohlräume als Quartier. Den Winter verbringen alle einheimischen Fledermäuse in frostfreien Höhlen, Stollen oder Kellern und halten Winterschlaf.

Quartierverlust und -mangel sind wichtige Faktoren, die unsere Fledermausarten in der Existenz gefährden. Winterquartiere in Höhlen, Stollen oder Kellern wurden verschlossen oder die Tiere dort immer wieder gestört. Sommerliche Tagesschlafplätze fehlen, unter anderem weil in den bewirtschafteten Forsten kein Altholzbestand geduldet wurde.

...und beim Ausflug, Fotos Menz
...und beim Ausflug, Fotos Menz

In Dachstühlen verenden die in Kolonien lebenden Säugetiere, wenn zum Beispiel giftige Holzschutzmittel eingesetzt werden oder sie werden vertrieben, weil die Dächer hermetisch verschlossen werden. Auch der Straßenverkehr oder die wachsende Zahl von Windenergieanlagen fordern Opfer unter den Fledermäusen: mit ihrem sonst so perfekten Ortungssystem können sie sehr schnelle Objekte, wie Autos oder die Rotorflügel, anscheinend nicht richtig erfassen. Die Zahl der zufällig gefundenen ‚Unfallopfer‘ ist vermutlich nur ein Bruchteil der tatsächlichen Zahl.

Unsere Fledermäuse fressen vor allem Insekten. Eine Fledermaus vertilgt nächtlich davon eine Menge, die einem Drittel ihres Körpergewichtes entspricht - bei kleineren Arten sind das schon 4.000 Mücken pro Nacht! Bei größeren Arten wie dem Mausohr sind das bis zu zehn Gramm pro Einzeltier. In den Sommermonaten macht das etwas zwei Pfund Insektennahrung. Leider lauert in der Beute auch eine Gefahr: Insekten sind vielfach durch Pflanzen-schutzmittel oder andere Chemikalien belastet. Die mit der Nahrung aufgesammelten Gifte häufen sich im Fledermauskörper und schwächen die Tiere selbst oder ihren Nachwuchs. So stehen alle diese wendigen Flieger auf der Roten Liste, einige Arten sind vom Aussterben bedroht.

  Nahezu lautlos flattert die Fledermaus durch die Dunkelheit. Bei der Jagd verlässt sich die Fledermaus, auch wenn sie verhältnismäßig gut sehen kann, auf ihren Gehörsinn. Mit ihrer berühmten Ultraschall-Echoortung kann sie sich perfekt orientieren und ihre Beute erfassen. Durch Mund oder, wie bei den seltenen Hufeisennasen, durch die Nase werden Ultraschalllaute ausgestossen und anhand der Echos Distanz, Richtung, Größe, Form und Struktur des Beuteinsekts analysiert. Die ‚Hörbilder‘ entsprechen in der Auflösung etwas unserem menschlichen farbigen Sehen. 

 
Grosse Mausohren, Foto H. Schwarting
Grosse Mausohren, Foto H. Schwarting

Mit dem ‚BAT-Detektor‘, ein Gerät, mit denen die nicht hörbaren Ultraschalllaute in für das menschliche Ohr wahrnehmbare Geräusche verwandelt werden, lassen sich die Tiere beobachten. Aufgabe der heutigen Fledermausforschung ist es u. a., mit Hilfe der Bat-Detektoren festzustellen, wo die zurückgezogen lebenden Tiere ihre Quartiere haben, wo sie jagen und über welche Strecken (bis zu zwanzig Kilometer!) sie ihre Jagdgebiete erreichen. Nach dem Motto: “Wir können nur schützen, was wir auch kennen!“ ist es dann möglich Quartiere und Einflugmöglichkeiten zu sichern, vielfältige Strukturen unserer Landschaft, wie Hecken und Alleen, zu erhalten und auszubauen, sowie Hilfestellungen für Hausbesitzer bei Umbau und Renovierung zu geben. Das Anbringen von Fledermauskästen hilft als ein Ersatz für fehlende natürliche Quartiere in Wäldern, dort wo zum Beispiel Spechthöhlen in alten Bäumen fehlen.

Fledermäuse zeigen uns, wo unsere Umwelt noch intakt ist. Je bewusster der Mensch mit Natur und Umwelt umgeht, desto mehr sensible Fledermäuse wird es geben.

Interessant ist ein Forschungsergebnis aus jüngster Zeit: die beiden Paläontologen Habersetzer und Gunnell vom Naturkundemuseum in New York haben herausgefunden, dass Fledermäuse zuerst fliegen konnten und erst später die Fähigkeiten zur Echo-Ortung entwickelt haben. Die Wissenschaftler untersuchten ein 2003 in Wyoming ausgegrabenes Skelett einer Ur-Fledermaus. Der "Onychonycteris finneyi" sei noch taub für die heute bekannte Ultraschall-Orientierung der Fledermäuse gewesen. Wie er sich vor 52 Mio. Jahren orientierte, seine Beute wie die Eulen nach Gehör jagte, ob er auch tagaktiv war, sind weiterhin ungelöste Rätsel.

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